tiefschneetraining in schneelosen zeiten

Hier könnt ihr euern persönlichen Ski-BLOG erstellen und uns von euren Erfahrungen oder Lernfortschritten berichten, oder einfach nur ein Tagebuch eurer Skisaison führen!
Eine Anleitung für's Bloggen findet ihr unter Euer Ski-Blog / Ski-Tagebuch ... so geht's!
urs
Beiträge: 2225
Registriert: 05.01.2003 14:15
Vorname: urs
Ski: stöckli
Wohnort: zürich
Kontaktdaten:

tiefschneetraining in schneelosen zeiten

Beitrag von urs » 08.02.2011 22:15

als ich ende november den tiefschneekurs buchte, konnten höchstens die wetterfrösche ahnen, dass das winterwetter durch ein ausgedehntes hochdruckgebiet geprägt wird. insgeheim hatte ich ja gehofft, der kurs würde abgesagt. tiefschneefahren konnte ich mir beim besten willen nicht so recht vorstellen. aber die anbieter und bergführer müssen ja auch leben und skifahren ist nun mal ein freiluftsport.

nachdem ich die letzten jahre mehrheitlich auf der piste verbracht hatte, wollte ich mein repertoir neben die piste erweitern. etwas skeptisch sass ich letzten donnerstag in der bahn, die mich gen disentis brachte. disentis gilt in normalen zeiten als attraktives freeridegebiet - aber was ist im moment schon normal :roll:. am bahnhof wurden wir vom hotelbus und unserem bergführer manuel (mänu), einem kleinen, drahtigen mann, abgeholt. mit seinem witzigen optimismus vertrieb er schon mal meine erste skepsiswolke. kurze begrüssung der anderen teilnehmerInnen und dann ab ins hotel.

die übrigen teilnehmerInnen waren alle mehr oder weniger versierte tourengeherInnen, ich der einzige in "ollen" skischuhen unterwegs. aber wir hatten ja tiefschnee gebucht und nicht endlos hochstapfen. kaum hatte die vorstellungsrunde begonnen, befanden wir uns auch schon auf der piste. mänu war kein mann der grossen worte, er wollte taten sehen - gefiel mir. erstes einfahren auf der piste - dies war noch mein terrain, mit meiner erfahrung war ich ganz klar im vorteil. eine halbe stunde später befanden wir uns oberhalb eines zu steil geratenen "kartoffelackers" :(. das war nun schon nicht mehr mein bevorzugtes terrain - aber schliesslich waren wir zum üben hier, pulver fahren ist ja pipifax :wink:. in der ersten fahrt hat es uns alle kräftig durchgeschüttelt. diejenigen mit leichten, eher schmalen tourenskies hatten zusätzlich materielle nachteile. ich hatte zum glück einen stabilen leihski - mit 80mm zwar auch nicht überbreit aber schön gedämpft.

ein arbeitskollege, der häufig abseits der pisten unterwegs ist und in seinem club auch techniktrainings gibt, hatte mich gewarnt: "die wenigsten 'türeler' können gescheit skifahren". woher sollen sie es auch lernen bei dem dauernden hochstapfen :D. einzelne waren noch mit umsteigen und leichter rücklage unterwegs - immerhin machten alle sichtbare fortschritte und stürzten sich mit jeder fahrt mutiger in den acker, so dass es "videoreif" wurde. die zauberwörter für die nächsten tage hiessen position und falllinie. zum abschluss gab es tatsächlich noch eine talabfahrt - so viel schnee, leider etwas schwer und zerfahren, hätte ich hier gar nicht erwartet.

am nächsten morgen erneut einfahren auf der piste. die stimmung in der gruppe war gut, meist auch spassig. auf der fahrt zur mittagspause in der mittelstation fanden wir gar noch einen schönen, videowürdigen hang. weiter unten querrutschen durch gebüsch und traversieren in einer schmalen, vereisten spur. hier gerieten einzelne leicht in die panikzone, was mit galgenhumor aufgefangen wurde.

für den nachmittag schlug uns der guide einen kleinen aufstieg vor, um danach im benachbarten val strem nach sedrun abzufahren. mänu war stark bemüht, für uns mit hilfe von (lokalen) kollegen das beste rauszuholen. der aufstieg mit den fellen gestaltete sich kurz und einfach, wäre da nicht am ende eine ca. 20m hohe leiter in der felswand gewesen :(. skier auf den rucksack gebunden und ich als erster mit meinen skischuhen da hoch. die ersten stufen waren noch einfach, da ich die schuhspitzen schön an den fels lehnen konnte. bei der dritten stufe war mein fuss plötzlich zu "kurz" und ich stellte mich vorsichtig drauf, um nicht wegzurutschen. aber irgendwie ging es und urplötzlich befand ich mich auf der letzten stufe. aber was war denn das? fehlte hier nicht eine weitere stufe :roll:? rechts befand sich eine kleine kerbe im fels, in welcher ich aber keinen halt fand. der tritt links überforderte meine hüftflexibilität bei weitem - ich musste wohl oder übel auf den knien da hoch robben. für einmal befand ich mich kurz in der panikzone :oops:.

die abfahrt entschädigte uns dafür doppelt. das erste stück toll steil - also zunächst mal position üben, das mit der falllinie kommt dann später :-D. weiter unten wurde der schnee erwartungsgemäss schwerer, liess sich aber mit genügend speed und angespannten bauch- und pomuskeln gut fahren. das flache stück talauswärts befand sich bereits im schatten, war schmal, mit steinen versetzt und leicht vereist. hier kamen einzelne wieder an ihren anschlag. leider verschnitt sich ein teilnehmer völlig doof und zog sich eine leichte wadenzerrung zu. er kämpfte sich mit uns noch nach sedrun, aber der kurs war für ihn leider zu ende :cry:.

für den nächsten tag einigten wir uns auf eine skitour - war zwar nicht so gebucht - richtung piz malèr. wir mussten relativ früh los, um mit einer transportbahn hochgebracht zu werden. der vierstündige aufstieg war zwar nicht wahnsinnig anspruchsvoll - er zeigte mir aber auf, dass auch spitzkehren und wenden im steilen gelände geübt werden müssen. und mein vernachlässigtes training im letzten jahr war auch nicht gerade förderlich. zum glück waren bis auf zwei der teilnehmerInnen alles keine durchtrainierten gemsen.

[ externes Bild ]
gruppenbild auf dem gipfel

die abfahrt begann dann wirklich hammermässig :D. zunächst wieder ordentlich steil aber schön pulvrig. ich versuchte mich vermehrt in der falllinie und die kurven wurden immer runder. fahren wie auf dem motorrad war das thema. der durchgefrohrene, zuckrige schnee im mittelbereich bot sehr wenig widerstand und verlangte weit mehr feingefühl und balance. bis auf einen aushebler kam ich hier aber gut durch. zuunterst der schwere schnee sowie die obligaten steine und büsche. wir alle kamen wohlbehalten und gefüllt mit glückshormonen unten an :-D. so einen skitag hatte ich mir in den kühnsten träumen nicht ausgerechnet.

am sonntag gingen wir es leicht gemächlicher an, nachdem wir ein bisschen in der bar hängen geblieben waren. am frühen nachmittag immerhin noch einen kurzen aufstieg, um diesmal von der nordseite ins val strem abzufahren. noch einen letzten schönen pulver mitnehmen - wer weiss, wann der nächste schnee fällt :roll: - bevor der kurs mit leichter wehmut ausklang.

gruss urs
Zuletzt geändert von urs am 08.02.2011 22:58, insgesamt 1-mal geändert.

Free Carver
Beiträge: 131
Registriert: 07.01.2009 19:30
Vorname: free

Re: tiefschneetraining in schneelosen zeiten

Beitrag von Free Carver » 08.02.2011 22:56

Vielen Dank für deinen super Bericht. Bisschen Bammel hab ich allerdings schon, ...
..vor meinem allfälligen Kurs.

Allerdings warte ich da noch einwenig ab, denn sollte kein Schnee mehr fallen wird das nichts mit Skifahren im März:(

Poldy
Beiträge: 452
Registriert: 23.12.2009 18:08
Vorname: Marcus

Re: tiefschneetraining in schneelosen zeiten

Beitrag von Poldy » 10.02.2011 09:30

interessanter Einblick, vielen Dank ! Lustig finde ich, dass eingefleischte Tourengehen mit den leichten Skis, den filigranen Bindungen und den weichen Schuhen, die sie fahren, auch im schwierigen Gelände oder bei schwierigen Verhältnissen oft eine gewisse Sicherheit beim Abfahren haben. Das hat dann meisten mit moderner Skitechnik nicht viel zu tun, funktioniert aber recht sicher. Die Niederschlagsarmut hat auch was gutes - die Lawinensituation ist im allgemeinen so günstig wie selten im (Hoch-) winter.
Gruss Poldy

latemar
Beiträge: 3290
Registriert: 15.12.2010 10:04

Re: tiefschneetraining in schneelosen zeiten

Beitrag von latemar » 10.02.2011 09:51

Danke für den informativen Bericht!


Gruß!
22/23 38 T.Dolomiti SS
23/24 1T.Carezza, 10T.rund um die Sella

Benutzeravatar
sabine
Beiträge: 104
Registriert: 15.03.2004 16:32
Vorname: Sabine
Ski: K2 Rictor, Völkl Racetiger SC

Re: tiefschneetraining in schneelosen zeiten

Beitrag von sabine » 10.02.2011 20:03

urs hat geschrieben:als ich ende november den tiefschneekurs buchte, konnten höchstens die wetterfrösche ahnen, dass das winterwetter durch ein ausgedehntes hochdruckgebiet geprägt wird. insgeheim hatte ich ja gehofft, der kurs würde abgesagt. tiefschneefahren konnte ich mir beim besten willen nicht so recht vorstellen.
tja - ich kann das nachfühlen. Ich wollte dieses Jahr auch mal einen Tiefschneekurs machen. Habe ihn aber bisher nicht gebucht und warte immer noch auf mehr Schnee...

Danke für den Bericht!

Sabine

digrol59
Beiträge: 151
Registriert: 11.01.2010 23:43
Vorname: Rolf

Re: tiefschneetraining in schneelosen zeiten

Beitrag von digrol59 » 10.02.2011 21:32

Schön geschrieben!

urs
Beiträge: 2225
Registriert: 05.01.2003 14:15
Vorname: urs
Ski: stöckli
Wohnort: zürich
Kontaktdaten:

Re: tiefschneetraining in schneelosen zeiten

Beitrag von urs » 10.02.2011 21:42

der fairness halber darf man nicht vergessen, dass die teilnehmerInnen den kurs besuchten, um ihre skitechnik zu verbessern. in vier tagen lassen sich natürlich nur grobe richtungen vermitteln, denen man danach selbständig folgen muss. aber es fehlte schon etwas die basistechnik. die scheint an einigen etwas vorbeigegangen zu sein. von daher ist es schon erstaunlich, wie versiertere tourengeherInnen abschnitte bewältigen, die für viele pistenschredder doppelschwarz sind.

unser guide hatte auch einer dieser "filigranen" dynastar bindungen auf seinem recht stabilen ski. nach seiner aussage fährt sie sich direkter, die auslösewerte entsprächen aber konstruktionstechnisch bedingt nicht ganz den normen - italienisch halt. zudem reagierten sie manchmal etwas widerspenstiger, wenn schnee reinkam.

die eher mässigen offpiste bedingungen boten im endeffekt wohl ein besseres trainingsgelände als fluffiger tiefschnee, auch wenn letzterer mehr spass bereitet.

gruss urs

Benutzeravatar
sabine
Beiträge: 104
Registriert: 15.03.2004 16:32
Vorname: Sabine
Ski: K2 Rictor, Völkl Racetiger SC

Re: tiefschneetraining in schneelosen zeiten

Beitrag von sabine » 10.02.2011 22:36

urs hat geschrieben: von daher ist es schon erstaunlich, wie versiertere tourengeherInnen abschnitte bewältigen, die für viele pistenschredder doppelschwarz sind.
aus meiner eigenen - beschränkten Erfahrung heraus mal überspitzt formuliert: man steigt halt laaange auf und fährt einmal schnell ab. Da bleibt nicht viel Gelegenheit zum Üben. Außerdem geht es immer irgendwie - notfalls mit Strichpunkten als Spur :oops:

südi
Beiträge: 196
Registriert: 12.11.2005 21:07
Vorname: Wendelin
Wohnort: Oberkirch

Re: tiefschneetraining in schneelosen zeiten

Beitrag von südi » 11.02.2011 23:28

sabine hat geschrieben:
- notfalls mit Strichpunkten als Spur :oops:
:D :D Super Formulierung Sabine! Kannte ich bisher nicht und ist sehr treffend...

@ Urs: Sehr schöner Bericht, der mich schon wieder ganz süchtig auf Freeriden macht. :roll: Hoffentlich kommt endlich mal wieder Schnee! :-?

liebe Grüsse

Wendelin

Antworten