Rückblick: "Ich liebe meine Slalomcarver" ...
Seit Beginn des Carvingbooms - gegen Ende des letzten Jahrhunderts - waren wir "heiß auf enge Kurven". Die Funcarver mit ihren radikal kleinen Radien katapultierten das Skierlebnis in ganz neue Dimensionen; man spürte die Kante, man spürte die enormen Fliehkräfte, und "Schräglage" war das Ziel ... die Ski waren radikal, zu radikal für die Masse und verkauften sich eher mäßig.
Dann kam die Zeit der Slalomcarver. Sie waren gemäßigte Funcarver und hinten etwas schmaler, als die radikalen Funcarver ... und der Durchbruch der Carvingski im Massenmarkt. Slalomcarver waren (und sind) sind der perfekte Ski für dynamische Kurvenjäger auf gut präparierten, griffigen und nicht allzu steilen Pisten. Wer nach Alternativen suchte, wurde bei Allround-, Cross-, Allmountain- und Racecarvern fündig ... die Skiindustrie tüftelte weiter, die Ski wurden breiter ... wo geht die Entwicklung hin?
Rückbesinnung: "Skifahren ist mehr als nur extreme Kurven"
So sehr ich meine Slalomcarver liebe ... aber es ist doch etwas einseitig; immer nur auf der Suche nach der perfekten (nicht zu steilen, gut präparierten) Piste, und immer wieder Kante an Kante, gecarvter Schwung an Schwung. Slalomcarver wollen immer in die Kurve, aber im weichen Schnee, in Steilstücken oder wenn man es mal etwas Laufen lassen will, haben sie doch gewisse Nachteile gegenüber Allmountain-, Cross- oder Racecarvern.
Das wurde mir beim letzten CAMP deutlich bewusst ... wir hatten diverse Testski von Elan dabei, und haben mit mehreren Leuten - neben dem SL und SLX - auch mal bewusst die Racecarver GS und GSX, die Magfire-Allmountain und die Speedwave-Serie getestet. Alle Ski waren klasse; die SL in dynamische Kurven, die GS in langgezogene Schwünge im oberen Geschwindigkeitsbereich und die Allmountain in weicherem Schnee ... aber eben nur in ihrem speziellen Einsatzgebiet.
Dann fuhr ich den Elan Speedwave 14 (Modell 09/10) in 170 cm Länge und 72 mm Breite, der vorne die Proportionen eines Slalomcavers hatten (123 mm breit), und hinten das schmalere Heck eines Cross- oder Racecarvers ... und siehe da ... Skifahren ist doch deutlich mehr, als nur "Carven". Dieser Ski zog bei Schaufeldruck wie ein Slalomcarver in die Kurve, und war bei zentraler Belastung und in langen Schwüngen fast so laufruhig und spurstabil wie ein Racecarver, und trotz der "weichschneefreundlichen" Mittelbreite von 72 mm enorm spritzig. Egal ob Carving-Autobahn, schwarze Piste oder zerfahrene Hänge ... das hat richtig Spaß gemacht!
Da hat JEDE Piste wieder Spaß gemacht ... ein echtes Aha-Erlebnis!
Das hat mich natürlich sehr neugierig gemacht. Ich wollte wissen, was hinter diesen "sportlichen Skiern mit besonders breiter Slalom-Schaufel, schmalerem Heck und Mittelbreiten über 70 mm" steckt, denn in der Saison 2009/2010 bringen fast alle Skifirmen solche Ski heraus, die qualitativ (Sandwichbauweise, Seitenwangen, Verstärkungen) bis auf Nuancen (teilweise etwas weicher abgestimmt) mit den Slalom- und Racecarvern mithalten können!
Also habe ich mir die Geometrie (Skibreite vorne - mitte - hinten) näher angesehen und den Radius-Rechner programmiert. Dort könnt ihr die Maße der Ski eingeben und bekommt nicht nur den Gesamtradius bei unterschiedlichen Aufkantwinkeln berechnet, sondern - und das war das interessantere für mich - auch den Radius des Ski im vorderen bzw. hinteren Teil. Und siehe da: Die Radius-Differenz zwischen dem hinteren und vorderen Radius hat das Geheimnis - zumindest teilweise - gelüftet; je höher die Radius-Differenz, desto "variabler" sind die Radien, die man - bei entsprechender Druckverteilung vorne/hinten - mit dem Ski fahren kann.
Hier ein paar Vertreter dieser Skiklasse aus der Saison 2009-2010:
Blizzard - G-Force Supersonic | ||||
Länge: Sidecut: Radius lt. Werksangabe: |
174 cm 123-72-105 mm 15,5 m |
Radien lt. Radius-Rechner: Gesamtradius: Radius vorne (Rv): Radius hinten (Rh): Radius-Differenz (Rh/Rv): |
14,61 m 14,03 m 15,73 m 12,10 % |
|
Technologie: "Durch den modulierten Sidecut werden lange und kurze Schwünge gleichermaßen zum Erlebnis." |
Elan - Speedwave 14 White Fusion | ||||
Länge: Sidecut: Radius lt. Werksangabe: |
168 cm 123-72-105 mm 10 - 16 m |
Radien lt. Radius-Rechner: Gesamtradius: Radius vorne (Rv): Radius hinten (Rh): Radius-Differenz (Rh/Rv): |
13,62 m 13,08 m 14,67 m 12,10 % |
|
Technologie: Speedwave - " For long and short turns - You can effortlessly make short and long turns" |
Fischer - Progressor 9+ Flowflex | ||||
Länge: Sidecut: Radius lt. Werksangabe: |
170 cm 117-70-100 mm 13/17 m |
Radien lt. Radius-Rechner: Gesamtradius: Radius vorne (Rv): Radius hinten (Rh): Radius-Differenz (Rh/Rv): |
15,21 m 14,54 m 16,52 m 13,65 % |
|
Technologie: Dual Radius System - Die Kombination aus Slalom- Riesenslalomgeometrie garantiert schnelle Schwungeinleitung sowie optimales Dreh- und Steuerverhalten in kurzen und langen Kurven |
Nordica - Dobermann Spitfire Pro | ||||
Länge: Sidecut: Radius lt. Werksangabe: |
170 cm 122-70-105 mm 14 m |
Radien lt. Radius-Rechner: Gesamtradius: Radius vorne (Rv): Radius hinten (Rh): Radius-Differenz (Rh/Rv): |
13,46 m 13,14 m 14,16 m 7,70 % |
Salomon - Aero X | ||||
Länge: Sidecut: Radius lt. Werksangabe: |
170 cm 119-72-103 mm 13 < 15 < 17 m |
Radien lt. Radius-Rechner: Gesamtradius: Radius vorne (Rv): Radius hinten (Rh): Radius-Differenz (Rh/Rv): |
15,02 m 14,54 m 15,99 m 9,98 % |
|
Technologie: V.R.M. = Variables Radius Management 15 m +/- 2 m |
Stöckli - Cross Pro | ||||
Länge: Sidecut: Radius lt. Werksangabe: |
170 cm 120-70-99 mm 15,6 m |
Radien lt. Radius-Rechner: Gesamtradius: Radius vorne (Rv): Radius hinten (Rh): Radius-Differenz (Rh/Rv): |
14,83 m 13,66 m 17,09 m 25,05 % |
|
Technologie: Vielseitiger performanceorientierter Ski für kurz- und langgezogene Kurven |
Mal zum Vergleich:
Mein alter Kneissl CGx Funcarver hatte bei 165 cm einen Sidecut von 110-62-110, war also hinten genauso breit, wie vorne! Da die schmalste Stelle des Ski nicht genau in der Mitte, sondern etwas weiter hinten unter der Bindung liegt, ergeben sich so auch unterschiedliche Radien.
Bei einem Gesamtradius von 11,5 m hatte er vorne einen Radius von 13,4 m und hinten einen von 9,7 m. Das ergibt eine negativen (!) Radius-Differenz von -27,4 %. Solche Radiusverteilungen, die von der Schaufel zum Heck kleiner/aggressiver werden, nennt man progressive Radien, im Gegensatz zu degressiven Radien, wie bei den oben beschriebenen Ski.
Aber ganz so einfach wie mit dem Radius-Rechner zu sein scheint, ist es dann aber doch nicht, denn die Skigeometrie ist wesentlich komplexer und voller Geheimnisse.
Skigeometrie:
Auch wenn der Radius-Rechner vielleicht ein bischen Licht in den Radiusverlauf eines Ski bringen kann, so ist die Skigeometrie letztendlich doch wesentlich komplexer, denn ein Ski besteht weder aus einem einzigen (wie als "Konstruktionsradius" angegeben), noch aus einem vorderen und hinteren Radius (wie mit den Radius-Rechner zu berechnen), sondern aus mehreren, ineinander verlaufenden parabolischen Radien. Und gerade bei den Skiern mit "Slalom-Schaufel" liegt das Geheimnis oft im vorderen Bereich der Schaufel, teilweise sogar so weit vorne, dass dieser Teil erst "wirksam" wird, wenn der Ski aufgekantet ist. Schaut euch mal oben die Schaufel von dem Nordica an; dort ist die breiteste Stelle sogar VOR dem vorderen Auflagepunkt!
Ich habe hierzu viel mit den verschiedenen Firmen und Konstrukteuren telefoniert, aber wirklich verraten wollte mir keiner, wie es denn nun genau bei ihren Skiern funktioniert.
Letztendlich ist es aber auch egal wie es funktioniert, hauptsache es funktioniert!
Ausnutzung der variablen Radien:
Je mehr man bei der Schwungeinleitung den Druck auf die Schaufel (durch Gewichtsverlagerung und Druck des Schienbeins gegen den Skischuhschaft) erhöht, desto stärker nutzt man den vordere Teil des Ski mit dem kleinen Radius. Und wenn man beim Schwungende oder in der Schußfahrt die Schaufel entlastet, nutzt man eher den Gesamt- bzw. hinteren Radius. Wer also technisch versiert ist, kann bei einem solchen Ski ein breites Radiusspektrum nutzen und seine Slalom- und Racecarver getrost zuhause lassen.
Aber auch wer nicht so versiert ist, findet hier einen sportlichen
Ski, der einem bei steigendem Fahrkönnen noch genügend (Radius-) Reserven bereithält.
Fazit:
Auch wenn ich noch nicht alle diese Ski selbst gefahren bin, so war ich doch mit denen, die ich gefahren bin, hoch zufrieden. Diese Ski sind für mich der ideale, hochsportliche Ganztagesski, mit dem nicht nur enge Carvingturns, sonder auch weite Riesenslalomschwünge und Pisten jeglicher Art und Beschaffenheit wieder richtig, und gleich viel Spaß machen ... und bei 72mm Mittelbreite und 170 bis 175 cm Länge ist auch mal ein Abstecher ins Gelänge
keine "Tauchfahrt" mehr ... wobei echter Powderspaß natürlich nur mit richtig fetten Brettern möglich ist.
Ich kann also jedem nur Empfehlen solche Ski mal zu Testen ... und berichtet im Forum, damit Andere an euren Erfahrungen teilhaben können.
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