Du hast sicher für den allgemeinen Fall grundsätzlich recht, aber für mich gilt es nicht, denn ich könnte es tun, ich kann es auch, aber ich tue es nicht, denn es ist mir auf Dauer zu anstrengend, die Ski "übertrieben - unnatürlich" aufzukanten. Das macht einen unangenehmen Zug im Knie, wenn ich die irgendwie zur Seite kippe, damit die Ski ordentlich aufkanten. Mir reicht meist die Schräge, die sich bei völlig geradem Körper - eben automatisch - ergibt, wenn selbiger - in sich weiterhin aufrecht - in die Kurve geneigt ist. Damit der sich neigen kann, bedarf es aber natürlich einer genau dieser Neigung entsprechenden Querbeschleunigung und somit auch einer gewissen Mindestgeschwindigkeit. Für den Bewegungsapparat gibt es aus seiner Sicht so nur eine etwas erhöhte, aber genau senkrecht - "senkrecht", wie gesagt, aus der Sicht des Körpers - wirkende Kraft, also genau jene Beanspruchung, wie sie in meinem (unsportlichen) Alltag auch vorkommt. Unter diesen Voraussetzungen, also ohne "Verrenkungen" geht carven (im Sinne von "Aufkanten ohne Rutschen") im Flachen nur, wenn ich schnell genug für einen gegebenen Kurvenradius fahre oder wenn ich mich im Steilen weit weg von der Falllinie bewege - und so ist es auch kaum anstrengender als Schußfahren. Für Freunde des Rucks durch wechselnde Querbeschleunigungen mag es allerdings "fad" sein.beate hat geschrieben: Ein Ski carvt nicht durch Geschwindigkeit!
Ein Ski carvt, weil er aufgekantet wird, völlig unabhängig von der Geschwindigkeit!
Das muss man aktiv durch Bewegungen tun, aufkanten geschieht nicht automatisch.
Im Fall der Spitzkehre vor (oder mitten in) dem Ziehweg beginnt es mit einer Schußfahrt in der Falllinie, dann neigt sich der Körper in die Kurve, die Ski verändern ihren Aufkantwinkel im selben Maß, sie machen eine leichte Kurve, der Körper neigt sich noch mehr in die Kurve, der Aufkantwinkel wird noch größer, der Druck von "unten" beginnt, wird größer, weil die Taillierung immer stärker in den Schnee greift usw. usf. Dieser Vorgang setzt sich fort, bis die gewünschte Normalbeschleunigung bzw. der gewünschte Kurvenradius erreicht ist. Zum Kurvenende, am Beginn des Ziewegs, richte ich mich wieder auf und fahre im Schuß weiter. Der Schwung ist weitgehenst mitgenommen, es hat nicht gestaubt, die Fahrspur hinter mir besteht aus zwei Linien und es gab kaum "schräge" Kräfte auf Knie, Hüfte oder Wirbelsäule.beate hat geschrieben: Das geschieht nicht in der Falllinie, sondern schon vorher.
In der Falllinie ist dein Ski voll aufgekantet.
Fährst du die Kurve so, wie von dir beschrieben, ist es keine gecarvte Kurve.
Vereinfacht ausgedrückt ist das der Vorgang. Aus der Schußfahrt heraus braucht man halt wirklich nicht viel machen als sich in die Kurve zu lehnen, die Ski dabei aber nicht extra (künstlich) weiterhin flach auf dem Schnee zu halten und natürlich auch nicht quer zur Fahrrichtung zu drehen.
Es gibt nun Ski, die bei diesem Vorgang lange keinen "Druck von unten" erzeugen und erst, wenn man selber noch mehr Druck auf die Kante bringt, dagegenhalten. Es gibt welche, wo lange nichts kommt und dann kommt auf einmal doch was, und es gibt welche, bei denen sich das angenehm leicht dosieren läßt, weil sich der Effekt schön stetig aufbaut und auch schon bei kleinen Winkeln zwar schwach, aber schon spürbar ist. Dabei ist die "Linearität" wichtiger als wie steil der Anstieg insgesamt ist oder wie stark der Carving-Effekt insgesamt höchstens wird. Wenn natürlich jeder Schwung voll von Beginn bis Ende durchgecarvt wird oder gar nicht gecarvt, wird es egal sein, wie sich dieser Übergang anfühlt. Für meine Fahrweise ist das aber schon eine interessante Eigenschaft.
Die dritte Ableitung des Ortes nach der Zeit x'''(t), den sogenannten "Ruck" halte ich aus Komfortgründen niedrig, ich mag es nicht, wenn der Darbousche Drehvektor allzu groß wird und mein begleitendes Dreibein allzu schlimm herumzappelt und reihe daher auch nicht eine Carving Kurve mit super engem Radius an die andere, sondern fahre eher so was wie lauter Klothoiden, aber eben nicht, weil ich es nicht anders könnte. Meine Körperhaltung richtet sich danach, daß die Beschleunigung x''(t) + g in meinen Knochen und Gelenken möglichst nur Normalspannungen hervorruft.
Ich seh es eh (an den Videos) und da die Idee der Geschwindigkeitskontrolle durch Carven (auf einem normalen Hang) anscheinend ist, wirklich rein durch die Fahrtrichtungsänderung von der Falllinie weg zu "bremsen" (also dadurch, daß die Stahlkante mehr reibt als der Belag und der Hang künstlich verlängert und damit flacher gemacht wird), wird auch die Forderung, die Kurven auszufahren, verständlich. Dann bleibt allerdings kein Raum (bzw. keine Zeit) mehr für harmonische Übergangsbögen. Ich war immerhin so brav, daß ich letztens probiert habe, allein durch "richtiges" Carven die Geschwindigkeit zu kontrollieren - und dafür, daß ich das ja nicht praktiziere, hat es auch halbwegs geklappt. Aber die ganze Bewegung war ein wenig hektisch, weil man dauernd mit maximaler Krümmung fährt, also volle Wäsche nach links, als hinge das Leben davon ab, dann sofort und wieder am Limit in die Richtung, vor der man eben zuvor noch geflohen ist... Sehr sportlich, sehr dynamisch, das gebe ich gerne zu, aber wozu? Entweder hast Du dann die totalen Torsionsbeschleunigungen um die Fahrrichtungsachse oder dauernde Wechselbiegung oder dauernde Beschleunigung des Schwerpunkts, jetzt so je nachdem, ob man sich als ganzer hin- und herneigt oder die Ski außen rumfahren läßt oder die Kurven voll ausfährt. Wie auch immer, es fühlt sich ungefähr so an, wie ich mir vorstelle, daß es sich anfühlen würde, ein Slalomrennen zu fahren - also ungefähr so, als wäre man auf der Flucht.beate hat geschrieben: Lieber Rheinhard, wnn du ermüdungsfrei carvst, dann stimmt entweder mit deinem "carven" etwas ganz und gar nicht oder ich bin ein untrainiertes Weichei, denn carven tue ich ganz sicher
Beate
Ich hab aber natürlich trotzdem den Verdacht, daß das Carven noch etwas besser geht als ich es mache und daß es ähnlich wie beim "normalen" Skifahren (d.h. gedrifteter Kurzschwung) möglich ist, in einen Rhythmus zu kommen, wo man irgendwelche Restimpulse des letzten Schwungs zur Einleitung des nächsten nutzen kann usw, also etwa wenn die Ski wieder unter den Körper geholt werden und gleich weiter auf der anderen Seite rauskommen und sich somit "von selbst" die Schräglage für den Gegenschwung ergibt. Aber in der Praxis wird das leider erst in der nächsten Saison weiter zu erforschen sein, wobei mich da vor allem die Hoffnung inspiriert, bei schlechten Pistenverhältnissen per Carven von der Schneebeschaffenheit nicht viel stärker beeinträchtigt zu sein als beim Schußfahren. Ich sehe allerdings voraus, daß es mit "gemütlichem" (...immerhin ist man damit immer noch flotter als 80% der anderen Skifahrer unterwegs...) Ziehwegspitzkehrenüberwindungscarven nicht getan sein wird.
Ich selber würde mein Carven durchaus als richtiges Carven bezeichnen, allerdings bleiben die von mir gefahrenen Kurvenradien einfach mangels Notwendigkeit ein gutes Stück größer, als ich sie theoretisch machen könnte. Aber ich fahre ja auch gewöhnlich sehr viel langsamer als ich es könnte. Ans Limit zu gehen (ob nun von der Fahrgeschwindigkeit oder den Kurvenradien her) macht für mich nur in den seltensten Fällen Sinn. Glücklicher Weise war ich in meiner Kindheit und Jugend risikofreudig genug um mich nach unzähligen Stürzen jetzt mit großen Sicherheits- und Kraftreserven auf der Piste bewegen zu können - allerdings gilt das freilich hauptsächlich fürs Schußfahren und allgemein hohe Geschwindigkeiten, da es damals ja noch keine Carving Ski gegeben hat. Vielleicht ist es dieses noch Unbekannte, woran es liegt, daß ich vor hohen Querbeschleunigungen eher einen noch größeren Sicherheitsabstand halte als von der von mir noch beherrschbaren Höchstgeschwindigkeit.
(...und "Schußbum", lieber M.H., ist sowieso mein Lieblingsfahrweise: Es ist schneller _und_ weniger anstrengend _und_ weniger Platz auf der Piste beanspruchend als Carven. Wenn es nicht leider oft notwendig wäre, um die Geschwindigkeit zu kontrollieren oder anderen auszuweichen: Wozu, bitte, Kurven machen?!? Um nicht so leicht überholt werden zu können? Um sich selber beweisen zu können, auch mit Muskelkater am nächsten Tag fahren zu können? Oder hast einfach nur Schiß vor dem Tempo? )