nach dem ich letzte Saison an einem Freeride-Camp (siehe Blog Freeride-Camp am Arlberg) teilgenommen habe, bin ich von dem Virus absolut infiziert. Pisten finde ich auf einmal völlig uninteressant, außer es sind gute Bedingungen zum sportlichen carven.

Die Bestätigung bekam ich bereits wieder Mitte Dezember beim Saisonauftakt im Montafon. Ich hatte mich einem Skiclub aus unserer Region angeschlossen. Dabei bekam ich Kontakt mit drei freerideverrückten Skilehrern (zwei Herren, eine Dame), die mir bei der Anreise durch ihre Erzählungen von ihren Heliskierlebnissen in Kamtschatka und Kanada auffielen. Und so kam es, dass ich mit denen zwei Tage bei sehr guten Schneebedingungen nur im Gelände unterwegs war. Dabei kam mir zugute, dass die drei hier offensichtlichen jeden Quadratmeter kannten. Wir hatten jedenfalls so viel Spaß, dass für mich klar war, freeriden wird meine neue Leidenschaft.
Und so fiel auch an diesem Wochenende der Entschluss, mich endgültig intensiv mit den Sicherheitsaspekten beim Freeriden auseinanderzusetzen. Zuhause bestellte ich dann gleich Werner Munters "3x3 Lawinen" und Michael Hoffmanns "Lawinengefahr". Gleichzeitig studierte ich die verschiedenen Angebote der Skiclubs unserer Region. "Lawinenkurs für Variantenskifahrer in Andermatt" hörte sich für mich vielversprechend an, zumal ich noch nie in Andermatt war. Parallel dazu erwarb ich einen K2 Seth Vicious als Auslaufmodell, montierte eine Marker Baron Tourenbindung und beschaffte mir noch ein passendes Fell. So bin ich halt, wenn ich mir mal was in den Kopf gesetzt habe, dann richtig.

Zwischen Weihnachten und Neujahr zog ich mir dann die georderte Lektüre rein. Naja, teilweise ganz schön trockene Theorie und so manche Passage musste ich zweimal lesen, bis ich es gerafft hatte.


Anfang Januar hatte auch uns die Kälte im Griff. Als absehbar war, dass ich bei dieser Kälte nicht arbeiten konnte, beschloss ich spontan drei Tage Freeriden zu gehen. Ich schickte eine Mail an den Anbieter bei dem ich das Camp gemacht hatte und nachdem geklärt war, daß es geführte Gruppen gab, reiste ich am Dreikönigstag nach Stuben am Arlberg. Es war auch dort bitter kalt. 18 Grad minus am morgen bei eisigem Talwind ist schon ordentlich. In Harrys Büro traf ich die anderen Teilnehmer der Gruppe. Wir waren zu fünft und ich hatte sofort den Eindruck, dass die Gruppe diesmal passt. Sicherheitsausrüstung eingepackt, LVS gecheckt und los gings zum Albonalift um die Ecke. Ich liftete mit Helmut unserem Guide und konnte ihn gleich über die momentanen Bedingungen intervieven. Wenn man schönen Pulver wolle, müsse man schon etwas aufsteigen, weil in den unteren Lagen alles verfahren ist. Es gab schon seit über zwei Wochen keinen Neuschnee mehr.

Deshalb stiegen wir auch gleich eine halbe Stunde zu Fuß auf das Maroiköpfle. Von dort starteten wir nach einer kurzen Pause unsere Abfahrt. Hah, es gab ihn doch noch, den schönen Powder





Nach der Abfahrt machten wir noch eine weitere im Albonabereich und eine am Sonnenkopf. Dort gab es über weite Strecken herrlichsten Powder! Ein toller Tag. Unser Guide meinte, er hätte noch nie eine so homogene und schnelle Gruppe gehabt. Konnte ich eigentlich nicht glauben, denn ich fühlte mich noch recht frisch. Den anderen ging es genauso und so beschlossen wir, noch zum Abschluss das Schindlerkar zu rocken.
Auch die nächsten zwei Tage wurden bei unveränderten Bedingungen super. Wir waren noch am Rendel, in Lech/Zürs und nochmals am Maroiköpfle unterwegs. Bei letzterem stiegen wir nach einer kurzen Querung noch weiter auf. Dabei war eine Gratbesteigung im teilweise hüfthohen Triebschnee eine echte körperliche Herausforderung




Mein Theoriestudium in punkto Lawinenkunde kam mir sehr zu gute. Immer wieder diskutierte ich mit unserem Guide die Einschätzung verschiedener Hänge auf unseren Routen. Dabei lag ich oftmals richtig, aber lag auch immer mal wieder daneben, weil ich mangels Erfahrung entweder mal ein Kriterium nicht berücksichtigte oder eben auch mal falsch interpretierte

Die drei Tage Arlberg waren jedenfalls eine runde Sache und ich fühlte mich gut vorbereitet für den Lawinenkurs in Andermatt.

Fortsetzung folgt!
Bevor es nach Andermatt ging, wurde vom Veranstalter bereits in der Vorwoche in der Heimat einiges trainiert. So trafen wir uns in der Kletterhalle des Deutschen Alpenvereins (DAV). Die Veranstaltung war eine Kooperation zwischen dem Skiclub, bei dem ich mich angemeldet hatte und dem DAV. Unsere Ausbilder waren ein Mann vom DAV und der Skilehrer des Skiclubs, der mit uns dann nach Andermatt gehen sollte. Die Teilnehmer, um die 15 Leute, bunt gemischt. Da waren Skilehrer darunter, die eine Auffrischung machen wollten, als auch blutige Freerideanfänger, die noch über keine Geländeerfahrung verfügten.
Zunächst bekamen wir ein Video des DAV zum Thema Lawinen und Sofortmaßnahmen nach einem Lawinenabgang mit Verschüttung von Personen zu sehen. Das Video fand ich sehr gut, da alles sehr realistisch dargestellt wurde und ging vom fachgerechten Einsatz der LVS und Sonden inclusive Vorgehensweise beim Ausgraben bis zur richtigen Einweisung eines Rettungshubschraubers. Anschließend wurden noch Funktionsweise des ABS-Rucksacks, Lawinenschnorchel (weiß gerade den richtigen Ausdruck nicht mehr)

Dann ging´s hoch zur Schwarzwaldhochstraße in den Schnee. Dreieinhalb Stunden gab es dann nur ein Thema: Richtiger Umgang mit den LVS-Geräten. Dabei verbuddelten unsere Ausbilder LVS-Geräte in Rucksäcken im Schnee. Zuerst lernten wir die Funktionsweise der Geräte kennen. Dabei wurde der Schwerpunkt auf die digitalen Geräte gelegt. Der DAV arbeitet mit dem Dreiantennengerät von Pieps. Interessant war in der Praxis vorzuführen, wie die Geräte auf den Kennlinien im Kreis zum Sender führen.





Fazit dieses Tages: Donnerwetter, die machen das wirklich genau. Da ist nichts 08/15. Ich war froh, diesen Kurs gebucht zu haben.
Mitte der Woche trafen wir uns dann wieder abends in der Kletterhalle des DAV. Diesmal ging es um das Kartenlesen und die Vorbereitung für eine Skitour. Roland teilte uns mehrere Karten im Maßstab 1:25000 vom Gebiet rund um den Gemsstock in Andermatt aus. Wir lernten vor allem das Bestimmen des Gefälles bzw. der Steigungen anhand der Höhenlinien. Dann teilte er den aktuellen Lawinenbericht für Andermatt aus. Jeder mußte das Risiko beurteilen und entsprechend in den Karten zwei Routen planen. Dabei ging es vor allem darum, in den laut Lawinenlagebericht kritischen Expositionen keine zu steilen Hänge zu befahren. Also ich fühlte mich ganz schön gefordert. Wenn man das so zum ersten mal macht...


Samstag morgen um 5.00 Uhr ging es los. Es hatten kurzfristig noch einige abgesagt, so daß wir mit Roland zu neunt im geräumigen Miet-Sprinter losdüsen konnten. Die Gruppe dürfte ziemlich heterogen sein. Roland hatte seine Frau und deren Freundin dabei. Da diese schon öfter auf Skitouren waren, war ich mir sicher, dass die ordentlich fahren konnten. Dann waren da zwei Endzwanziger Skilehrer, die ich kannte und nicht zuletzt aufgrund vieler Jahre Renntrainings fuhren wie die "Drecksäue".


Um 8:30 waren wir in Andermatt. Noch schnell einen Kaffee trinken, dann großer LVS-Check und los gehts. Beim Skiausladen musste ich lachen. Die zwei "Drecksäue" fuhren ebenfalls den Seth!

Wir lifteten mit den Gondeln auf den Gemsstock. Dann fuhren wir erst mal Piste, damit Roland das Fahrkönnen der Teilnehmer studieren konnte. Beim zweiten Mal gingen wir neben der Piste in die Buckel und da zeigte sich dann, daß meine Einschätzungen betreffs Fahrkünste richtig war.

Aber da wir sehr gute Bedingungen betreffs Wetter und Lawinenlage hatten, gingen wir unsere erste geplante Route an. Über den St. Annafirn stiegen wir ins Gelände ein und fuhren rechts vom Gamsstock in nordwestlicher bis nördlicher Richtung das Felsental hinaus bis zur Straße von Hospital nach Andermatt. Dort hieß es einige hundert Meter im Schlittschuhschritt nach Andermatt zu ziehen. Der Schnee war super. Ich war erstaunt wie leicht und locker noch viele Hänge waren.


An der Gemsstockbahn ist erst einmal Pause angesagt. Hunger und vor allem Durst melden sich. Unsere Anfänger sagen, daß es ihnen für heute reicht und sie den Rest des Tages nur Piste fahren wollen. Der Rest gondelt wieder zum Gemsstock hoch.


Nach einem kurzen Apre`s Ski fahren wir nach Hospital in die Jugendherberge, wo wir übernachten. Es gibt sogar Halbpension!


Am Morgen kommt die Ernüchterung. Über Nacht hat das Wetter umgeschlagen. Es schneit leicht, wir haben starken Südwestwind und oben sicher misserable Sicht.


Also fahren wir Piste und wechseln weiter unten in pistennahes Gelände, was Buckel bedeutet. Mann, ich hatte schon lange keine so schlechten Sichtbedingungen mehr. Die Buckel waren nicht zu sehen und mußten richtig erfühlt werden. Sicher eine gute Übung, aber von der Innenansicht her ein Gewürge. Unsere Anfänger tun mir leid. Nach 600 Höhenmetern wird die Sicht endlich besser. Roland beschließt, aus der Not eine Tugend zu machen und geht mit uns zum Avalangecenter etwas oberhalb der Mittelstation. Dort üben wir an einer stationären Anlage das Suchen mit unseren LVS-Geräten. 13 Sender sind in einm relativ weitläufigen Areal versteckt. Bis zu 5 können gleichzeitig aktiviert werden. Wir beginnen mit einem und steigern uns dann. Hat man den Sender mit der Sonde dreimal im Sekundentakt getroffen, schaltet sich der Sender aus. Hier üben wir eineinhalb Stunden.
Anschließend machen wir die Talabfahrt. Im unteren Bereich gibt es keine Alternative zu den Buckeln. Ausgerechnet jetzt ist die Sicht auch unten miserabel. Man tastet sich durch die Buckel wie in einem Minenfeld. Trotz verhaltener Fahrweise erwischt es mich dann doch. In einer Reihe relativ gleichmäßiger Buckel überraschte mich ein extrem stark ausgefahrener, den ich aufgrund der Milchsuppe nicht sehen konnte. Die Ski stauchten und ich wurde seitlich hochkatapultiert. Ich landete seitlich in den harten Buckeln und spürte einen stechenden Schmerz in den Rippen. Mir blieb erst mal die Luft weg. Ich war unglücklich auf den Griff meines Skistockes gefallen. Mann, tat das weh.


Die Anfänger wollten mit Roland noch das Gehen mit Fellen trainieren. Das konnte er im Talbereich sehr gut, da dort gleich ein 25 Grad-Hang an die Talsohle anschloß. Die zwei Damen wollten noch Piste fahren und die zwei Jungs wollten nochmals unsere erste gestrige Tour durchs Felsental machen. Es war gerade eine Gruppe durchgegangen, die meinten die Sicht wäre dort gut und sie würden sie nochmals machen. Die Jungs meinten, ich solle doch mitkommen. Ich rang mit mir, ob ich auch nochmals Felle üben sollte oder wirklich mitgehen.

Um 16:00 ging es dann auf Rückreise. Anbetracht der Umstände, waren wir eigentlich alle mit dem Wochenende zufrieden. OK, wäre die Gruppe homogener gewesen, wären wir sicher mehr gefahren. Aber gelernt hatten wir alle viel. Und wenn ich das Gesamtpaket mit LVS- und Kartentraining in der
Heimat betrachte, wurde wirklich viel geboten. Und das Ganze für gerade mal 55 Euro!

Jetzt freue ich mich als nächstes auf die Lenzer Heide mit Reiner (oenologe78). Ich hoffe allerdings, daß ich bis dahin wieder fit bin. Die Schmerzen haben so zugenommen, daß ich mich heute röntgen ließ. Scheint aber alles heil zu sein. Ist "nur" eine schmerzhafte Rippenprellung. Soll locker zwei Wochen gehen, bis das wieder einigermaßen gut ist.

Wendelin