stocklose zeiten - der aufrechte gang

Alles zur Skitechnik. Siehe auch Berichte Carving- und Ski-Lehrplan, sowie Besser Skifahren für Fortgeschrittene
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nicola
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stocklose zeiten - der aufrechte gang

Beitrag von nicola » 14.09.2003 11:51

da ich fuer mich herausgefunden habe, dass skifahren mit und ohne stoecke etwas grundlegend verschiedenes ist, moechte ich gerne eine anregung (zum differenzieren) geben:
[ externes Bild ]
warum halte ich an den stoecken fest?
wo halte ich an den stoecken fest?
wann halte ich an stoecken fest?
womit halte ich an den stoecken fest?
was passiert wenn ich an stoecken festhalte?
was bedeutet es im alltag wenn jemand am stock geht?
welche bewegungen sind mit stoecken unmoeglich?
welche bewegungen sind nur mit stoecken moeglich?

kann ich in den gedanken ueber das festhalten mein muster erkennen?

dazu auch ueberlegungen in einem meiner ganz fruehen beitraege auf kunstpiste.com

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Beitrag von Martina » 14.09.2003 12:14

Selbstverständlich finde ich skifahren ohne Stöcke schön, oft sinnvoll und es eröffnet weitere Möglichkeiten.

Leider beobachte ich in den letzten Jahren aber öfters die Einstellung:
Ich carve, also fahre ich ohne Stöcke.
Ich carve, also muss ich mit der Hand den Schnee berühren.


Dies führt leider oft zu den (hier auch schon oft angesprochen) grauenhafen Bildern von SkifahrerInnen, die ohne Stöcke einen Hang hinunterkurven, in jeder Kurve in den Schnee zu greifen versuche, sich bücken, aus dem Gleichgewicht kommen, die Ski ohne Führung um herumrutschen lassen, dann aber das Gefühl haben, sie carven, weil sie eben ohne Stöcke unterwegs sind und den Schnee berühren.

Wenn du schon vom aufrechten Gang sprichst, Nicola, was sagst du dann zu diesen Bildern? Das ist eben grad das Gegenteil...

Carven wird nicht dadurch definiert, dass man ohne Stöcke fährt oder dass man den Schnee berührt!
Carven bedeutet, die Kurve auf der Kante zu fahren und so eine in den Schnee geschnitzte (=gecarvte) Spur zu hinterlassen.


Dadurch, dass viele gute SkifahrerInnen oft ohne Stöcke unterwegs sind, entsteht leider oft der Eindruck, dass gute FahrerInnen die Stöcke nicht (mehr) brauchen und dass man also einE guteR FahrerIn werden kann, indem man die Stöcke weglässt.
Das ist genauso falsch wie die Idee, dass man besser fährt, nur weil man einen extrem kurzen Ski mit sich herumträgt.

Ich sage beim Unterrichten oft:
Die Stöcke können für dich sein, was die Schnurrbarthaare für die Katze sind.
Der Vergleich ist nicht perfekt, aber ich meine damit, dass die Stöcke helfen können, sich im Raum zu orientieren.
Dazu muss man die Stöcke leicht tragen, sich nicht festklammern. Ich halte sie mit dem unteren Teil des Daumens, kleinem und Ringfinger. Zeigfinger und Mittelfinger brauche ich überhaupt nicht, ich kann sie auch wegstrecken.
Die Arme lasse ich locker hängen, keinesfalls nach hinten, keinesfalls steif.
Und auf keinen Fall ein Stockeinsatz direkt neben den Ski "und hoch"! Das wäre sehr ungünstig.
Ich habe beobachtet, dass vielen Leuten die Stöcke beim kippen zur Schwungauslösung helfen können: Ich habe ihnen gesagt, sie sollen mit den Stöcken das gedachte Zentrum des folgenden Schwungens antippen!

Wie bei allem gibt es kein Patentrezept.
Skifahren mit Stöcken ist schön, skifahren ohne Stöcke ist schön.
Will man lernen, kann beides helfen und beides hindern.

Ich denke, wenn ich unterrichte, sind wir etwa halb/halb mit und ohne Stöcke unterwegs.
Bei Anfängern fange ich eigentlich immer ohne Stöcke an, die ersten beiden Tage brauche ich sehr selten Stöcke.
Allerdings habe ich es auch schon dort erlebt, dass Leute sehr verkrampft waren und ihnen die Stöcke eine enorme Erleichterung verschafften (meistens ist es allerdings umgekehrt).

Ich bin sehr gegen die Einstellung:
Wenn die Leute erst mal gemerkt haben, wie toll es ist ohne Stöcke, dann wollen sie nie wieder ohne fahren! Von mir aus gesehen ist das genauso eindimensional wie immer mit Stöcken fahren.

Ich bin sehr gespannt, was andere dazu meinen!

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Beitrag von nicola » 14.09.2003 13:13

liebe martina,
eigentlich wollte ich zu einer "innensicht" anregen, nicht zu dem was aeusserlich ins auge sticht - vielleicht koennen wir (paedagogen :o ) dann eher verstehen warum krampfhaft in den schnee gegriffen wird und vielleicht entfernen wir uns wieder etwas vom differenzieren zwischen carving und skifahren... vielleicht ermoeglicht ja der erweiterte zugang zum skifahren mit taillierten skis einen echten entwicklungsschritt aus der krabbelphase unseres skibabies?

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Beitrag von Martina » 14.09.2003 14:15

Genau zu dieser "Innensicht" wollte ich mich äussern, denn ich bin der Meinung:

Nicht alle, die mit Stöcken fahren, klammern sich daran an.
Nicht alle, die ohne Stöcke fahren, fahren entspannt!

...und natürlich vice versa!

Es gibt verschiedenste Gründe für verkrampftes Fahren. Allein durch wegnehmen der Stöcke wird man nicht automatisch zum entspannten Skifahrer!

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Beitrag von nicola » 14.09.2003 14:50

Martina hat geschrieben:Es gibt verschiedenste Gründe für verkrampftes Fahren. Allein durch wegnehmen der Stöcke wird man nicht automatisch zum entspannten Skifahrer!
automatisch nicht, aber mit entsprechenden differnzierungsmoeglichkeiten sehr, sehr oft leichter...

allerdings ist der erste schritt nicht das wegnehmen der stoecke, sondern das bewusste loslassen.
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Beitrag von Martina » 14.09.2003 15:10

Ich möchte das gerne etwas erweitern, es klingt mir allzu sehr nach allheilmittel.
Es kommen öfters Leute zum Skiunterricht, die sehr verspannt fahren. Oft sind sie jahrelang Familie, Freunden etc. hinterhergerast. Sie hatten so oft mehr Stress als Vergnügen. (Verkrampfung kann aber durchaus auch andere Gründe haben).
An diesem Thema kann man mit sehr unterschiedlichen Mitteln arbeiten. Ich habe mal zusammengestellt, was ich dafür wichtig uns sinnvoll finde:

- ruhige, fröhliche Stimmung, mit jedem Gast am Anfang der Lektion in Ruhe sprechen und fragen, was ihm/ihr am Skifahren gefällt, was nicht, was sie gerne lernen oder erleben möchten.
- sich Zeit nehmen. Vermitteln, dass Zeit da ist und dass es egal ist, wieviele Pisten man pro Tag fährt
- (zuerst) sehr einfache Pisten fahren, die eigentlich etwas unter dem Niveau des Lernenden sind
- das Positive betonen
- in unkomplizierten Worten sprechen, miteinander lachen, zuhören

Mit all diesen Banalitäten ist meist schon viel Druck weg. Mit ängstlichen Anfängern gehe ich oft eine Viertelstunde mit den Ski an den Füssen in der Ebene herum (ja, mit Stöcken) und versuche, sie in ein Gespräch zu verwickeln.

Dann:
- sehr unkomplizierte, einfache Übungen, die das Gefühl geben, dass der/die Lernende ja etwas kann
- mit der Atmung arbeiten
- bewusst einzelne Körperteile lockern
- Halt geben, der nicht mit den Stöcken zusammenhängen muss (z.B. im Pflug: Hände des Lernenden auf Hände des Lehrers legen, Lehrer fährt Rückwärts oder dito mit Hulahoppreif, Stock quer,...)
- ohne Stöcke fahren, ev. mit bestimmten Armbewegungen um OBerkörper aufzurichten und Schultern zu lösen etc.
- intensiv mit Füssen arbeiten, Position der Füsse und Druckverteilung aktiv wahrnehmen, Füsse "flach" halten, gleichmässig belasten
-...


Ich behaupte hier nicht, dass du nicht so arbeitest, aber deine Aussagen klangen mir zu sehr nach:
Ohne Stöcke fahren = gut
Mit Stöcken fahren = schlecht


[/b]

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Beitrag von nicola » 14.09.2003 16:25

Martina hat geschrieben: - ruhige, fröhliche Stimmung, mit jedem Gast am Anfang der Lektion in Ruhe sprechen und fragen, was ihm/ihr am Skifahren gefällt, was nicht, was sie gerne lernen oder erleben möchten.
- sich Zeit nehmen. Vermitteln, dass Zeit da ist und dass es egal ist, wieviele Pisten man pro Tag fährt
- (zuerst) sehr einfache Pisten fahren, die eigentlich etwas unter dem Niveau des Lernenden sind
- das Positive betonen
- in unkomplizierten Worten sprechen, miteinander lachen, zuhören
das sollte eigentlich selbstverstaendlich sein
Martina hat geschrieben:Ich behaupte hier nicht, dass du nicht so arbeitest, aber deine Aussagen klangen mir zu sehr nach:
Ohne Stöcke fahren = gut
Mit Stöcken fahren = schlecht
welche aussagen?

meine arbeit sieht wohl grundsaetzlich anders aus als deine, wobei ich weit davon entfernt bin irgendetwas werten zu wollen: viele wege fuehren nach rom!

ich gebe keine uebungen vor sondern versuche an der differenzierung von bewegung zu arbeiten, dabei hilft mir meine ausbildung in und erfahrung mit bioenergetischen bewegungslehren. z.b. alexander lowen und moshe feldenkrais, von dem eine grundthese fuer meine arbeit stammt: «Erst wenn wir wissen, was wir tun, können wir tun, was wir wollen.» ich wuerde zum beispiel nie an der lockerung einzelner muskelgruppen ansetzen, sondern am inneren gesamtzusammenhang, denn die eigenen bewegungsmuster sind den meisten sehr wenig bewusst. sie sind entstanden aus dem zusammenwirken von herkunft, erziehung, umwelt wurden sie uns mit der zeit so vertraut und oft zu buchstäblich eingefahrenen gewohnheiten, so dass wir uns die frage gar nicht mehr stellen, ob anderes nicht leichter, angenehmer und effizienter sein könnte. und genau auf diese frage, die sich jeder selbst stellen soll, zielt meine methode auch ab.

allerdings ist mein weg ein sehr persoenlicher, fuer den es sehr viel selbstvertrauen aber auch selbstkritik braucht - staendiges hinterfragen meiner eigenen gedanken und "supervision" von menschen die sich ernsthaft mit bewegungskultur im ganzheitlichen sinn beschaeftigen.

aber nochmals zurueck zu den stoecken, besser gesagt zur rolle des tonus der handmuskulatur beim skifahren, denn ob mit oder ohne steht nicht im vordergrund. ich moechte dir persoenlich ein paar vorschlaege machen, wie du den unterschied zwischen mit/ohne erfahren kannst, du kannst dabei etwas spueren, musst aber nicht.

zum aufwaermen:
spann deine kiefermuskulatur fest an (beiss auf die zaehne!) und jetzt CHEEESE :P :P :P :P :P bitte laecheln, nicht aufhoeren zu beissen,

was ist los martina, du laechelst ja nicht richtig!
geht nicht?
also gut dann lass dein kiefer los.
gehts jetzt ?:wink:

willst du weitermachen? ja? dann zieh deine socken aus und stell dich auf einen moeglichst rauen untergrund, hueftbreit und bequem, balle die faeuste fest und konzentrier dich auf deinen pc muskel und deine fussohlen, spuerst du eine verbindung zwischen bauch und sohlen? lass nun deine finger und arme ganz locker haengen. spuerst du jetzt irgendeinen unterschied?

gib dir selbst die antwort, nicht mir oder dem forum...
lg
nicola
Zuletzt geändert von nicola am 14.09.2003 17:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von WolliHood » 14.09.2003 16:31

Hallo,

ich fahre ohne Stöcke. Das hat nur einen einzigen Grund: Ich weiss nichts damit anzufangen.

Am Anfang waren Stöcke eine kleine Hilfe um am Übungshang nicht schon im Stehen umzufallen oder beim Aufstehen. Ist im Flachen viel schwieriger. Ausserdem kann man die Bindung damit so schön öffnen.

Doch bei den ersten Fahrversuchen versuchte ich (und auch fast alle Anderen) die Stöcke auch zum Aufrechtbleiben und Bremsen zu benutzen. Da "durften" wir die Stöcke erst mal zu Seite stellen. Später, auf den richtigen Pisten, konnten wir sie wieder mitnehmen. Aber immer schön nach Hinten halten und keinen Aufspiessen. Weiter haben wir sie als Haltungshilfe benutzt: Stöcke in die Hände nehmen (quer !!) , parallel zur Hangneigung und nach vorne halten.

Bis zum sinnvollen Stockeinsatz bin ich noch nicht gekommen, sehe aber immer wieder Leute, die beim versuchten Stockeinsatz über die dieselben fahren :roll: . Auch nicht der Hit. Manche fuchteln auch sinnlos mit den Stöcken hin und her :evil: .

Manchmal denke ich, für Stöcke bräuchte man einen "Waffenschein".

Das sie Sinn machen, um gezielt den Schwung zu unterstützen (Kosti würde schreiben, den Drehimpuls zu ändern), glaube ich gerne. Ich jedoch werde Stöcke erst wieder benutzen, wenn jemand kompetentes es mir beibringt.

Gruss, WolliHood

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Beitrag von Martina » 14.09.2003 17:05

Nicola, ich möchte vorausschicken:
Ich habe einige Zeit Bewegungsschulung nach Moshe Feldenkrais gemacht -wegen Rückenproblemen (aufstehen, heben, gehen,...). Im Zusammenhang damit habe ich einen Reitkurs nach Bruns/Behr gemacht, die die Ideen von Feldenkrais fürs Reiten umgesetzt haben. Leider habe ich zur Zeit keinen Reitlehrer, der nach dieser Methode unterrichtet. Im Zusammenhang mit Musikunterricht (Instrumente) habe ich einige Grundlagen der Alexandertechnik kennengelernt. Ausserdem läuft mein Schwimmtraining nach der Methode von Terry Laughlin, die nach ähnlichen Grundsätzen wie Feldenkrais-Bewegungslehre abläuft.

Also, ich bin in diesen Themen nicht ausgebildet, aber es ist nicht so, dass ich keine Ahnung davon hätte.

Was mich stört - bei welcher Idee auch immer - ist, wenn es "gurumässig" abläuft. Damit meine ich, wenn man von bestimmten Dingen absolut sagt, sie sind richtig und andere sind falsch, ohne dass es wirklich so ist.
Beim Thema skifahren und Stöcke bin ich absolut NICHT dieser Meinung und es stört mich, wenn im Forum unwidersprochen steht, dass mit Stöcken fahren schlecht und ohne Stöcke fahren gut ist.

Was ich auch nicht so besonders mag, ist, dass für mich die Aussagen sehr danach klingen: ich habe den Weg gefunden. Es muss nicht für alle richtig sein, aber eigentlich ist ja schon klar, dass ich mehr weiss als alle anderen und deswegen mein Weg auch besser ist. Entschuldige, dass ich das hier so deutlich schreibe, aber für mich klingt es so!

@WolliHood
Du schreibst, DU brauchst keine Stöcke, weil du nichts damit anfangen kannst. Das ist absolut perfekt, finde ich - warum sollst du etwas benutzen, das du nicht brauchst? Also lass sie weg. Vielleicht gibt es in Zukunft plötzlich einen Nutzen, der dich weiterbringt, vielleicht nicht.

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Beitrag von nicola » 14.09.2003 17:38

Martina hat geschrieben:Also, ich bin in diesen Themen nicht ausgebildet, aber es ist nicht so, dass ich keine Ahnung davon hätte.
das habe ich nie unterstellt!
Martina hat geschrieben:Was ich auch nicht so besonders mag, ist, dass für mich die Aussagen sehr danach klingen: ich habe den Weg gefunden. Es muss nicht für alle richtig sein, aber eigentlich ist ja schon klar, dass ich mehr weiss als alle anderen und deswegen mein Weg auch besser ist. Entschuldige, dass ich das hier so deutlich schreibe, aber für mich klingt es so!
richtig ist:
ich habe meinen weg bisher gefunden, suche staendig nach neuen zielen und stehe deshalb immer wieder an abzweigungen die einer echten entscheidung beduerfen.
natuerlich muss nicht alles richtig sein und vor allem nicht fuer alle, aber warum darf ich nicht einfach auf meinem interessensgebiet mehr als jemand anderer wissen und deswegen meinen weg als besser fuer mich selbst und diejenigen die sich mir anvertrauen empfinden ohne gleich ein guru zu sein?

und jetzt auch ich direkt: vergleich mal (nur anhand dieses threads) was ich hinterfragen wollte und wer rezepte abgegeben hat.

an alle: es geht mir nicht um eine grundsatzdiskussion ob mit oder ohne stoecke besser ist, sondern was daran anders ist!
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